Tagesmütter wollen auch Männer gewinnen
NWZ vom 08.03.2024
Tagesmütter wollen auch Männer gewinnen
Betreuung Zu seinem 50-jährigen Bestehen gibt sich der Göppinger Tagesmütterverein einen neuen Namen. Dies soll auch ein Signal für Männer sein. Von Margit Haas
Es war eine Initiative der Zeitschrift „Brigitte“ zu verdanken, dass Tagesmüttervereine gegründet wurden, auch in Göppingen. Er nahm drei Jahre lang – von seiner Gründung im Jahr 1974 an – gar am Bundesmodell „Tagespflege“ des Deutschen Jugendinstituts teil. „Es bedurfte langer Jahre harter Arbeit, bis die Tätigkeit Tagesmütter als vollwertiger Arbeitsplatz anerkannt war“, weiß Bettina Bechtold-Schroff, die sich seit fast 30 Jahren in unterschiedlichen Funktionen im Verein einbringt und ihn seit vielen Jahren leitet.
Heute sehen Frauen in der Kindertagespflege ganz bewusst ihre berufliche Zukunft. Sie werden sowohl intern als auch extern geschult und bilden sich regelmäßig weiter. Zwar sind es auch heute zum weit überwiegenden Teil Frauen, die sich nicht selten in der eigenen Familienphase für diese Tätigkeit entscheiden. Es gibt aber auch ein paar wenige Männer, die sich einbringen. Deshalb wird der Tagesmütterverein zu seinem 50. Geburtstag, den er im Mai mit einem Festakt feiern wird, seinen Namen ändern. Der Verein heißt jetzt „Kindertagespflege Landkreis Göppingen“.
„Wir wollen uns so verstärkt auch für Männer öffnen. Die sprach der Name bislang nicht an“, sagt Bechtold-Schroff. „Nach 50 Jahren ist es angebracht, nicht nur die Mütter in den Fokus zu nehmen“, ergänzt Georg Kolb, seit vier Jahren Vorsitzender des Vereins, bei einer kleinen Feierstunde anlässlich der Namensänderung. „Wir hoffen, viele Männer zu gewinnen“, sagte die Geschäftsführerin.
„Nach 50 Jahren ist es angebracht, nicht nur die Mütter in den Fokus zu nehmen.
Georg Kolb
Vereinsvorsitzender
Dem Verein waren 1996 alle Aufgaben rund um die Tageskinderbetreuung vom Landkreis übertragen worden. „Seither sind wir verlässlicher Partner des Kreisjugendamtes und die Kooperation verläuft auf Augenhöhe“, betont Kolb.
Nach den Veränderungen in den 50 Jahren Tagesmütterverein befragt, weist Bechtold-Schroff auf zwei wesentliche Punkte hin. „Anfangs hatten die Tagesmütter keine Qualifikation. Es gab nur einen kurzen Hausbesuch. Heute sehen wir eine hohe Professionalisierung.“ Und „die Tagesmütter heute sehen ihre Aufgaben als berufliche Tätigkeit. Sie betreuen durchschnittlich bis zu vier Kinder“, erläuterte sie. Fünf Kinder wären maximal möglich.
31 TigeR-Gruppen im Kreis
In der sogenannte „TigeR“ – in der „Tagespflege in anderen geeigneten Räumen“ können von zwei Tagesmüttern bis zu neun Kindern gleichzeitig betreut werden. Aktuell gibt es 31 TigeR im Landkreis. „Sie bedeuten für die Kommunen eine große Entlastung in der Kleinkindbetreuung“, betont Kolb. Das sehen die meisten Landkreisgemeinden ebenso, haben mit dem Verein Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen und beteiligen sich an den Betreuungskosten.
Bechtold-Schroff betont „unsere große Flexibilität. Die werden Kitas nicht leisten können.“
„In der Betreuung brauch es Sensibilität für die Bedürfnisse der Kinder und Herz.
Georg Kolb
Vereinsvorsitzender
Denn „wir gehen heute viel mehr als früher auf die Wünsche der Eltern ein“. Die haben heute genauere Vorstelllungen und sind doch gleichzeitig verunsicherter, was die Erziehung von Kindern anbelangt. „Und sie fragen immer früher nach einem Betreuungsplatz, teilweise schon in der Schwangerschaft.“ In den allermeisten Fällen könne der Bedarf nach einem Platz schnell erfüllt werden.
Regelmäßig werden neue Anwärterinnen und Anwärter geschult. „Sie müssen Kinder als vollwertige Person betrachten und ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Und sie müssen bereit sein zu regelmäßigen Fortbildungen.“ Die Tätigkeit sei weit mehr als ein Job, sei „ein Stück weit Berufung“.
Im Juli großes Kinderfest in Göppingen
Fest Seinen runden Geburtstag feiert der Verein am 13. Mai – dem Tag der Gründung – mit einem Festakt in der Kulturhalle Süßen. Am 12. Juli wird zu einem großen Kinderfest nach Göppingen eingeladen.
Zahlen Aktuell betreuen die 145 Tagesmütter, -väter und –omas mehr als 550 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren im Landkreis. Die Mindestzeit beträgt fünf Stunden, maximal sind es 50. In Ausnahmefällen, werden die Kinder auch nachts betreut. mh